kulturblog

schönes, erfreuliches
und bemerkenswertes

»There’s something sacred about reading a blog post on someone else’s site. It’s like visiting a friend’s house for a quick meal ’round the breakfast table. It’s personal—you’re in their space, and the environment is uniquely suited for idea exchange and uninterrupted conversation. In many ways, we should be treating our blogs like our breakfast tables. Be welcoming & gracious when you host, and kind & respectful when visiting.«
Trent Walton

Hexploitation

»Was treibst du, wenn dich niemand sieht?«, fragt Sebastian, der einzige Mann im Performance-Kollektiv She She Pop. Der Abend »Hexploitation« ist eine Versuchsanodnung, um den Zusammenhang von Körper, Kapitalismus und Klimakterium aufzudecken. Es geht um Alter, Schönheit und Scham – im Mikrokosmos und Makrokosmos.

Der Abend beginnt mit einer Nacherzählung des Film Gaslight von 1944. Der weiblichen Hauptfigur wird etwas eingeredet. Narrative reden uns etwas ein, bis wir sie selbst glauben. Wer die Narrative bestimmt, bestimmst also das Denken. »Hexploitation« hinterfragt die Narrative von Jungendwahn und Faltenfreiheit. Wir erfahren, dass die WHO die Menopause als »climacteric syndrome« definiert, also als Krankheit einstuft.

»Ich bin bereit für die Nahaufnahme!«, ruft Johanna. Aber die vermeintliche Nabelschau mit Menstruationsblutberechnung fordert vor allem auf zu einem kritischen Hinterfragen der aktuellen Narrative, etwa der pandemischen. Wir alle, Zuschauer und Performer, sitzen in der She She Pop Inszenierung aus Hitzewallung, Horrorfilm und Hexenküche und dürfen uns fragen, mit welchen viel größeren Narrativen wir täglich bespielt werden. Was also bestimmt unser Denken?

In diesem Sinne ein wahrhaft enthüllender Abend.


Hebbel am Ufer Berlin, HAU2
Di 22. September 2020
Mi 23. September 2020
Do 24. September 2020 jeweils um 20 h


Kampnagel Hamburg, K2
Fr 30. Oktober 2020 um 20:30 h
Sa 31. Oktober 2020 um 20:30 h
So 1. November 2020 um 18 h

Gala

© Dorothea TuchWas hier geschieht grenzt an ein Wunder. Jérôme Bel versammelt knapp 20 Menschen auf der Bühne: Frauen, Männer, Kinder, Teenager, Rentner, Transgender, Menschen im Rollstuhl, mit Downsyndrom, Profitänzer, Schauspieler, Laien. In allen Farben und Formen, so divers, dass es eine Freude ist. Er schafft einen Raum, in dem sie sich frei und voller Würde bewegen, als hätten sie nie etwas anderes getan.

Sie zeigen uns ihre Version von Pirouette, Grand Jete, Walzer, Moonwalk, Verbeugung. Wir lieben jeden Einzelnen und jede einzelne Ausführung – je weiter entfernt von der Perfektion, desto spannender. Plötzlich sind die Amateure fesselnder als die Forsythe Tänzer.

Warum bewegen wir uns? Und was ist Tanz? Der Abend entwirft eine Gegenposition zu Repräsentation, Imitation, Stereotyp. »Gala« ist große Konzeptkunst. Eine Hymne der Menschlichkeit. Jérôme Bel feiert den Unterschied und schafft eine Ensembleleitung aus einzigartigen, originären und authentischen Wesen. Langer Applaus.


Hebbel am Ufer, Berlin
Do 25.06.2015, 20 h, HAU1
Restkarten an der Abendkasse

Tanzhaus, Düsseldorf
Do 27. August 2015
Fr 28. August 2015

Festival Automne, Paris
17. September bis 5. Dezember 2015
u.a. Théâtre de la Ville
Mo 30. November bis Mi 2. Dezember 2015

Tanzquartier Wien
Di 12.–15. Januar 2016

Kammerspiele München
Di 9. und 10. Februar 2016

Montpellier CDN
Di 15. und 16. März 2016

 

Victoria

© Senator Film VerleihEine Kamera, ein Take. Kein Schnitt, keine künstlichen Effekte, kein Fake. 140 Minuten großes Kino, wie es authentischer nicht sein könnte: direkt, dreckig, atmend, ungehobelt und ohne Rücksicht auf Verluste. Ein echter Berlin-Film.

Der Plot ist nicht immer ganz schlüssig und das macht ihn vielleicht gerade so glaubhaft. Eine spanische Klavierbegabung zieht mit ein paar angetrunkenen Jungs um die Häuser bis sie in ihre Geschichten verwickelt wird. Klingt banal, aber »dieser Film handelt im Tiefsten von Solidarität und dem bedingungslosen Zusammenhalt junger Leute,« sagt der Regisseur Sebastian Schipper.

Wir als Zuschauer erleben den Lauf der Dinge in Echtzeit und kommen dabei den Figuren ganz nah. Das Zusammenspiel der fünf Protagonisten entwickelt eine Sogkraft und wir, die Betrachter, werden unmerklich zu Komplizen.

Der Film ist vor allem eine herausragende Ensembleleitung: Laia Costa, Frederick Lau, Franz Rogowski. Man glaubt ihnen alles. Auf der Berlinale 2015 gab es für den norwegischen Kameramann Sturla Brandth Grøvlen den Silbernen Bären. Beim Deutschen Filmpreis wird Victoria mit sechs Lolas ausgezeichnet.

Der Film des Jahres.

Kinostart: 11. Juni 2015

Platonow

© Luk PercevalDie neun Spieler stehen an der Rampe und schauen ins Licht – in messianischer Erwartung von Platonow. Die gut anderthalb Stunden spielen sie hinein in diesen Raum, wartend, hoffend, in den Augen eine unstillbare Sehsucht nach Verbindung. Untermalt und umspielt wird die sonst leere Bühne von Jens Thomas mit Flügel und Stimme.

Luk Perceval und sein Ensemble vom NTGent findet einen unszenischen, aber hochdramatischen Zugriff auf den Stoff von Tschechow. Unvergleichlich präzise und mit radikaler Klarheit legen sie den Kern des Stückes frei. Der Mensch will viel mehr lieben, als er vermag. Daran scheitern letztlich alle Figuren. »Muss denn jede Liebe auf die gleiche Weise geliebt werden?«, fragt Platonow.

Ein großer Wurf mit wohltuender Gradlinigkeit. Absolut sehenswert.

Hebbel am Ufer, HAU1 Berlin
Mi 29.4.2015 um 20 h

 

Siegfried

© Tom SchulzeIn Wagners musikalisch schwierigstem Stück brilliert das Gewandhausorchester Leipzig in Bestform. Den Mythos um den märchenhaften Held erzählt Rosamund Gilmore tänzerisch mit hübsch bewegten Farnen und Waldvögelein. Vieles im nibelungen’schen Deutungsgebirge gerät ihr zur Dekoration in Puppenstubenformat. So bleibt Siegfrieds zentrale Transformation vom Jüngling zum Manne in den Kinderschuhen stecken. Die Sehnsucht nach Liebe kauft man dem Helden in Latzhosen nicht ab.

Es gibt aber auch Bilder, die glücken, weil sie den Handlungsfaden schlüssig und dicht zum Schicksalsfaden der Figuren verweben. Die berührendste Szene des Fünf-Stunden-Epos gelingt Nicole Piccolomini und John Lundgren als Erda und Wanderer. Wotan wendet sich wehmütig an Erda, schließlich ratlos singt er seiner Ex-Geliebten zum Abschied: »träumend erschau’ mein Ende!« Es schwant ihm die Götterdämmerung.

Oper Leipzig
So 24. Mai 2015
Sa 30. Mai 2015
So 21. Februar 2016
Sa 7. Mai 2016
Fr 1. Juli 2016
jeweils um 17 h

The Civil Wars

© Marc StephanAuf der Bühne passiert nicht viel: auf einem Podest ein Wohnzimmer, darin vier Menschen, darüber im close-up ihre Gesichter auf einer Filmleinwand. Man schaut wie durch einen Guckkasten in die Leben der vier belgischen und französischen Schauspieler. Die erzählen ihre ganz privaten Geschichten, fragen nach ihrem eigenen Glauben, ihrer politischen Überzeugung.

Es ist Milo Raus persönlichstes Stück. Kein dokumentaristischer Zugriff, wie man ihn sonst vom »International Institute of Political Murder« kennt, keine großen Kriege, keine Völkermorde, es geht um die Kriege im kleinen, die Brutalisierung der Gesellschaft – hausgemachte Kriege.

Der rote Faden der »home-made war zone« verliert sich im Laufe des Abends, man folgt den Spielern aber gebannt, weil sie einen ganz dicht heran lassen, an das was sie zu erzählen haben. The Civil Wars glückt vor allem, weil einem die Menschen nahe kommen, nicht unbedingt mit dem, was erzählt wird, sondern wie es erzählt wird.


Schaubühne Berlin, im Rahmen von F.I.N.D. #15
Sa 18. April 2015
So 19. April 2015

Wiener Festwochen, brut im Künstlerhaus, Wien
13. – 15. Juni 2015

Grec Festival, Barcelona
23. bis 27. Juli 2015

Spielart Festival München
30. Oktober bis 1. November 2015

Ecce Ekzem Homo

© Andrea HuberAtmosphärisch bringen die Well Buben aus dem Biermoss den Abend zum klingen und die Zuschauer zum singen. Und mitten drin: Gerhard Polt. Der Monolith. Geschliffen scharf und ausschweifend klug. Verhandelt wird der Wert des Menschen und die Menschlichkeit, Unmenschlich- und Unmöglichkeit der Nachbarschaft – im Besonderen mit Herrn Merki.

Vom Lampedusa-Flüchling bis zum korrupten Landrat kommt alles vor: singend, jodelnd und schuhplattelnd in der Reihenhaussiedlung. Texte vom Feinsten, Musik von Hand gemacht und eine Spielfreude, die ansteckt.

Der Abend tut den Kammerspielen sichtlich gut, nicht nur weil er zu 100% ausverkauft ist. Die meisten Zuschauer sitzen die zweieinhalb Stunden mit einem Dauergrinsen im Saal. So viel Spaß hat das Haus selten erlebt und wenn man für den Kult-Abend Karten haben will, muss man früh aufstehen und bereit sein dafür Schlange zu stehen. Aber, soviel sei verraten: eine Mühe, die sich lohnt.

Münchner Kammerspiele
Restkarten an der Abendkasse:
Fr. 10. April 2015
So. 12. April
Mi. 15. April
Sa. 25. April

Im Vorverkauf ab 16.4.:
Sa. 09. Mai 2015
So. 10. Mai 2015
Mo. 18. Mai 2015
So. 24. Mai 2015

Common Ground

© Esra RotthoffCommon Ground ist nicht der kleinste gemeinsame Nenner, eher die größte gemeinsame Vielfalt, kein Betroffenheitstheater, obwohl alle 8 Spieler betroffen sind. Sie erzählen Versatzstücke aus ihrem Leben – von selbst erlebten Kriegswirren und einer gemeinsamen Bosnienreise –, verschnitten mit historischen Ereignissen des Jugoslawienkrieges.

Das von Yael Ronen und den Schaupielern kollektiv erarbeitete Stück ist erfreulicherweise wirklich ein Stück: direkt, intensiv und dringlich. Eben keine wohlfeile Lecture Performance über Krieg, Schuld, Vergebung, Verdrängung, Vergessen. Es geht richtig zur Sache und so geht man ergriffen und bewegt aus dem Theater und fragt sich, wie sie das machen, selbst betroffen zu sein, die eigene Geschichte zu spielen, auf der Bühne gleichzeitig Figur wie Mensch zu sein. Es gelingt ihnen ein ergreifendes Plädoyer für Menschlichkeit und Frieden.

Common Ground wurde zum Theatertreffen 2015 und zu den Mühlheimer Theatertagen eingeladen.

Gorki Theater Berlin

Do 7. Mai 2015
Fr 8. Mai 2015
Fr 15. Mai 2015
Fr 12. Juni 2015
Sa 27. Juni 2015
So 28. Juni 2015, jeweils 19:30 h

Mülheimer Theatertage
So 31. Mai 2015

Schillertage, Mannheim
Mo 15. Juni 2015

A Flowering Tree

© Mats BäckerDie zeitgenössische Oper von John Adams erlebte gerade ihre blühende Skandinavien Premiere. Mit opulenter Reduziertheit und traumwandlerischer Unmittelbarkeit inszeniert Nicola Raab das indische Märchen zu einem Gesamtkunstwerk. Vom ersten Moment entfaltet sich der Abend mit großer Selbstverständlichkeit als Musik-Tanz-Theater in grandiosen Bildern.

Die Liebesgeschichte, die mit ihren Prüfungen an die Zauberflöte erinnert, wird von nur drei Sängern erzählt und berührt in ihrer Einfachheit. Ein unspektakuläres Spektakel höchster Klangkunst. Stehende Ovationen bei der Premiere. Und eine Reise nach Göteborg wert.


Göteborgs Operan
So. 15. Februar 2015
Fr. 20. Februar 2015
So. 1. März 2015
Do. 5. März 2015
So. 15. März 2015
Mit. 18. März 2015
Sa. 21. März 2015
Sa. 28. März 2015

Warten auf Godot

© Arno DeclairAllein für dieses erste Bild lohnt sich der Abend: Es erzählt Becketts Zweiakter in einer Minute. Wie in einer Installation von James Turrell hat Mark Lammert die schräge Rampe mit Seide ausgelegt und so beleuchtet, als würde sie von innen glühen. Unmerklich beginnt sich der Stoff zu bewegen, hin in einen zentralen Schuld bis alles Poetische im Schwarz verschwunden ist.

Wolfram Koch und Samuel Finzi, als Komiker-Paar Didi und Gogo, spielen, tanzen und singen mit wahrer Freude und schierer Ausgelassenheit am Rande des Abgrundes. Sie bleiben dabei ganz bei sich und geben Raum, die eigenen inneren Räume von der Absurdität des Lebens berühren zu lassen – und erschüttern zu lassen. Die Inszenierung enthält sich der Interpretation und legt damit die elementare Kraft des Textes frei.

Die mehrfach ausgezeichnete Produktion ist jetzt auch zum Theatertreffen 2015 eingeladen.


Deutsches Theater Berlin
Do. 26. Februar 2015
So. 1. März 2015
Fr. 13. März 2015

Residenztheater München
So. 3. Mai 2015
Mo. 4. Mai 2015

Thalia Theater Hamburg
Fr. 5. Juni 2015
Sa. 6. Juni 2015

Den Krieg erklären

© Andreas EtterDer Erste Weltkrieg war der letzte Krieg, der erklärt wurde. Danach begannen Kriege oder man trat in Kriege ein. Es gibt Krieg, dann muss man nichts erklären. andcompany&Co erklären in ihrem Lecture-Konzert »Sounds like war« eine ganze Menge über Krieg – dada lässt grüßen.

Und seit Kriege über Grenzen hinweg geführt werden, stellt sich nun die Frage, wie Kriege heute beendet werden. Wie machen wir Frieden? Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin? Zuhausebleiben ist eine Option. Wenn alle zuhause bleiben, ist Frieden. Der Abend macht Spaß – und nachdenklich.

Termine 2015
Kaaitheater, Brussels
13./14. Januar 2015

Mungo Park, Allerød (DK)
24./25. Januar 2015

Impulse Festival, Mülheim an der Ruhr
18. bis 20. Juni 2015

Die Vaterlosen

© Sarah RubensdörfferEine Familiengeschichte in sieben Bildern, so untertitelt der ungarische Dramatiker Csaba Mikó sein Stück. Der Text spannt einen Bilderbogen von 1977, der Geburt des ersten Kindes, bis ins Heute. Man reist als Zuschauer mit in der Zeit, aber der Text kommt über das Familiäre nicht hinaus: Einzige zeitgeschichtliche Referenz im Stück ist der Abzug der Russen aus Ungarn.

Wie in einer Schneekugel tragen die fünf Geschwister und ihrer Mutter ihre Dramen und Scharmützel miteinander aus. Das Weltgeschehen dringt nicht herein ins Private. Für eine gesellschaftspolitische Parabel hält das nicht her. Weder Kommunismus noch Kapitalismus werden kritisch hinterfragt.

Dank der Inszenierung von Michael Lippold, die erfreulich weit über den Text hinausweist, gelingt eine größtmögliche Annäherung an die historischen Zusammenhänge. Ein spannender Abend entsteht aus der kongenialen Ensembleleistung der sechs Schauspieler. Die vermag zu berühren und zu überzeugen.


Theater Regensburg am Haidplatz
12 Termine vom 12.11.2014 bis 6.12.2014

Eröffnungsinszenierung auf dem Kortárs Drámafesztivál Budapest
Freitag, 28. November 2014

10.11.2014

Ost-Schönheit

© Arno DeclairSo viel Transitgeschichte dürfte kaum einer in sein 31jähriges Leben hineinbekommen haben. Im Osten geboren, mit sechs Jahren »rübergemacht«, mit 20 nach Westberlin, mit 26 in den wilden Osten und am 1.9.1989 wieder in die DDR eingebürgert. Mit seiner Ronald M. Schernikau Collage »Die Schönheit von Ost-Berlin« gelingt Bastian Kraft eine kluge Revue aus Geburt, Tod, BRD, DDR, AIDS, Elfriede Jelinek, Heiner Müller und Marilyn Monroe.

Man findet auch die Schönheit der Einsamkeit, die Schönheit des Coming Out in der Westdeutschen Provinz, die Schönheit der Trash-Travestie und die Schönheit von Sätzen wie: »Alles lässt sich leben, auch der eigene Tod.«

Das alles wird verdichtet in der Schönheit der fünf Schauspieler, die dieses kleine Leben ganz groß erzählen. Eine wichtige Stimme zum Mauerfalljubiläum.

Zu sehen am Deutschen Theater Berlin
So. 09. November 2014
Di. 18. November 2014
Do. 27. November 2014
Sa. 06. Dezember 2014
Di. 16. Dezember 2014
So. 28. Dezember 2014
9./11./ 20. Januar 2015

Orchesterkaraoke

© David BergéEs wird das umjubelte Finale des diesjährigen Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel in Hamburg werden. Soviel ist klar. Matthias von Hartz’ poppiges Mitsingformat wird im achten Jahr gegeben und ist kein bisschen langweilig: handgemacht, selbstgesungen und ziemlich un-plugged.

Jan Dvorak dirigiert die Jungen Symphoniker Hamburg und dazu dürfen Zuschauer singen. Wie es sich bei Karaoke gehört wird der Gesang per Mikrophon verstärkt, sonst könnte nicht einmal die Netrebko gegen die 100 Musikerinnen und Musiker des ausgewachsenen Sinfonieorchesters ansingen.

Bis Sonntag werden auch die Stehkarten restlos ausverkauft sein und der Saal wird kochen, egal ob Beatles, Bowie, Gaga oder Ganster-Rap auf dem Programm steht. Orchesterkaraoke ist Kult.


Für alle Vorstellungen gibt es noch Restkarten.

So, 24.08.2014 um 17 h, Kampnagel – K6, Hamburg
So, 24.08.2014 um 20 h, Kampnagel – K6, Hamburg

Die letzten Zeugen

© Reinhard Werner / BurgtheaterSie sind zwischen 82 und 101 Jahre alt. Und sie haben überlebt. Matthias Hartmann und Doron Rabinovic lassen 75 Jahre nach dem Novemberpogrom 1938 sieben Zeitzeugen mit ihren Erinnerungen zu Wort kommen.

Zurückhaltend eingerichtet entfalten die von vier Burgschauspielern (herausragend Dörte Lyssewski) vorgetragenen Berichte ihre Wirkung, Intensität und Schwere. Die Worte gehen einem nah, die Ereignisse dringen tief. Die, die damals Kinder waren, sitzen jetzt im Bühnenhintergrund und durchleben ihre eigenen Erinnerungen aufs Neue.

Am Ende des Abends steht das ganze Publikum. Aber es sind keine stehenden Ovationen, kein Theaterapplaus. Es gibt einen zurückhaltenden Beifall mit einer stillen Kraft – eine Würdigung von Überleben, Mut und Menschlichkeit. Ein Dank an die, die uns Zeugen sein lassen.

Der wichtigste Abend beim diesjährigen Theatertreffen. Und wie Ari Rath es sagte: Bedeutsam »Die letzten Zeugen« gerade in Berlin zeigen zu können.


Donnerstag, 15.5.2014, Haus der Berliner Festspiele, Berlin
Samstag, 17.5.2014, 20 h, Schauspiel Dresden
Donnerstag, 05.06.2014 um 19.30 Uhr, Burgtheater Wien

Sonntag, 28.9.2014, 19 h, Hamburger Theaterfestival, Schauspielhaus Hamburg

Jederzeit Jedermann

© Wolfgang KirchnerPhilipp Hochmair ist all in one: Protagonist, Buhlschaft, Schuldknecht und untreuer Getreuer. Er spielt an der Kante der Bühne, wirft sich in die Figuren und wirft uns die Figuren vor die Füße – und das mit einer Intensität, dass einem Hören und Sehen vergeht. Nur die elfenhaften Töne von Simonne Jones untermalen manchmal die Fallhöhe. Ein Teufelsritt mit großer Geste, der dabei differenziert und genau den Fragen des Lebens nachgeht, ein Rock-Konzert ganz und gar auf der Suche nach dem Ende der Endlichkeit.

Am Thalia Theater Hamburg:
Sa. 19.04.2014 um 20 h
Mo. 09.06.2014 um 19 h
So. 29.06.2014 um 14 h

Sensing Spaces

© Grafton ArchitectsFür eine der aufregendsten Ausstellungen des Jahres »Architecture Reimagined« waren die kreativsten Denker von Architektur aufgefordert neue Perspektiven zu ersinnen: Alvaro Siza, Grafton Architects, Diébédo Francis Kéré, Eduardo Souto de Moura, Kengo Kuma, Pezo von Ellrichshausen.

Die Ausstellung will Räume erfahrbar machen:
Wie fühlt man sich in dem Raum, in dem man gerade sitzt und das hier liest? Was macht das aufsteigende Dach eines Bahnhofs mit uns, der feuchte Geruch eines Kellers, das Gefühl von abgenutzten Steinstufen unter den Füßen, das dumpfe Echo eines Klosters oder die gemütliche Vertrautheit unseres Wohnzimmers?

Bis 6. April 2014
Royal Academy London

Out of Schlingensief

© Tanja NedwigChristoph Schlingensief war alles andere als museal. Viel eher wild, dringend, authentisch. Was für die meisten wie eine Grenzauslotung zwischen Filmemachen, Theater- und Opernregie, Aktionskunst, Malerei und Musik wirkte – für ihn war es vor allem Sichtbarmachung. Eine umfassende Schlingensief Werkschau ist zu sehen in den KW Institute for Contemporary Art Berlin.

Bevor die Ausstellung im März in New York im PS1 gezeigt wird, gibt es jetzt verlängerte Öffnungszeiten, täglich bis 21 h.
In Berlin nur noch bis Sonntag 19.1.2014.

Samstag um 20 h gibt es zusätzlich eine spannende Auktion zu Gunsten des Operndorfes.

Ein Ende finden

© Benjamin KriegUm etwas zu Ende zu bringen, muss man erstmal anfangen. Die vier Spieler von She She Pop fangen also bei Adam und Eva an: Mit Gott und den himmlischen Heerscharen erschaffen sie die Welt in sieben Tagen und sieben Nächten, rühren in der Ursuppe aus Fotosynthese und Weltraummüll, zerlegen das Bild, das wir von Frauen haben, und enden wie ein Kometenschweif in der Nacht. Die These, dass das Ende dann kommt, wenn nichts mehr geht, wird widerlegt: tosender Applaus.

8. bis 13.10.2013 im HAU 3
Restkarten an der Abendkasse

Nackt im Wind

2000 tanzte Tino Sehgal sein Stück »ohne Titel« selbst. Bei »Tanz im August« performen drei Tänzer an drei verschiedenen Orten jeweils diese eine Choreografie: Boris Charmatz, Frank Willens und Andrew Hardwidge. Drei nackte Körper zeigen ein und den selben Ritt durch die Geschichte des Tanzes des 20. Jahrhunderts – von den Expressionisten bis Meg Stuart sind alle dabei.
Frank Willens ragt ganz klar heraus aus diesem Trio und man möchte nach 55 Minuten nicht weiterziehen. Er tanzt, als würde uns Robert De Niro aus dem Zitatenschatz vorlesen: grandios, präzise und mit leiser Ironie.
Noch mal zu sehen, umsonst und draußen vor dem HAU 2
Mittwoch 28. und Donnerstag, 29.8.

Gorki Abschluss-Spektakel

© Thomas AurinFünf Tage im Juni sind es ganz genau, die das Gorki noch mit der alten Mannschaft antritt, bevor die meisten nach Stuttgart verschwinden. Und darum kracht und funkelt es noch mal ganz ordentlich. Das Spektakel ist randvoll mit wilden Mischungen (großartig Aenne Schwarz und Paul Schröder) und Tiefschürfendem. Es lohnt sich also auf alle Fälle. Und am Samstag kann man um 18 h zur Demo kommen, um mit David Marton Widerstand gegen die Missstände in Ungarn zu bekunden.
Ein langer schöner Abschiedsschmerz . . .

Wagner ON AIR

© Alexej SauerStefan Kaminski ist eine Instanz: Seit 2004 performt er am Deutschen Theater Berlin die Kult-Serie Kaminski ON AIR. Von Samstag bis Mittwoch kann man jetzt am DT den gesamten »Ring des Nibelungen« sehen, hören, miterleben – so überraschend, unterhaltsam und virtuos, dass es nicht nur Wagnerfreunde vom Sessel reißt. Und das beste: endlich versteht man die Geschichte.

Für das Live-Hörspiel von Wagners Ring gibt es noch Restkarten:

Sa, 2.2. Rheingold
So, 3.2. Walküre
Di, 5.2. Siegfried
Mi, 6.2. Götterdämmerung

Die Welt bezeichnete Kaminski als »einen Mann für das neue Bayreuth«. Diese Aufforderung scheint auf dem grünen Hügel angekommen: Kaminski ist nach Bayreuth eingeladen! Im Rahmen des offiziellen Festspielprogramms 2013 gibt er an vier Tagen hintereinander den Ring (14.–18. August, Das Zentrum). Nach den Münchner Opernfestspielen, der Berliner Philharmonie und dem Schauspiel Frankfurt gibt es im Mai und Juni den kompletten Kaminski-Ring an der Oper Frankfurt.

Arbus Bonus-Tag

Die erste große Retrospektive von Diane Arbus im Martin-Gropius-Bau in Berlin gibt es jetzt auch noch am Montag 24. September zu sehen. Die Porträts von Paaren, Kindern, Jahrmarktartisten, Nudisten, Mittelklassefamilien, Transvestiten, Eiferern, Exzentrikern und Prominenten bleiben einen Tag länger, als auf dem Plakat angekündigt. Wer es also bis jetzt nicht geschafft haben sollte, bekommt eine letzte Chance (zum letzten Mal geöffnet von 10 bis 19 h).

Die Räuber zu dritt

© Jim Rakete Die Drei von den Räubern sind Michael Klammer, Aenne Schwarz und Paul Schröder (von links). Mit ihnen eröffnet Antú Romero Nunes »Die Räuber« nach Friedrich Schiller – und das Maxim Gorki Theater die Saison.

Sie sind alle drei Sterne des Hauses und stemmen die zweieinhalb Stunden spielend – und singend – mit einer Grandezza, dass es eine Freude ist.
Der Star von den Augen fällt wieder:
So 2.9.2012
Sa 8.9.2012
Mi 19.9.2012
Di 25.9.2012
Di 9.10.2012
Do 11.10.2012

Shakespeare im Park

Die 2012er Produktion ist der ambitionierte Versuch gleich drei Stücke Weltliteratur zu verweben: The Book of Thomas More, All Is True und Utopia. Eine theatrale Konstellation, die dem Görlitzer-Park-Publikum Experiment und Vergnügen zugleich bietet.

Utopia™ – Where All Is True:
Sa, 4. 8., 19 Uhr
So, 5. 8., 16 Uhr
Mi, 8. 8., 19 Uhr
Fr, 10. 8., 19 Uhr
So, 12. 8., 16 Uhr
Do, 16. 8., 19 Uhr
Sa, 18. 8., 19 Uhr
So, 19. 8., 16 Uhr (Derniere)

Urban Intervention

Luzinterruptus ist eine anonyme Künstlergruppe, die Interventionen in öffentlichen Räumen umsetzt. Sie benutzen Licht als Rohmaterial und die Dunkelheit als Leinwand und gründete sich in Madrid Ende 2008.

Vier Jahre Später

Sieben Kunstfreunde © Edward B. GordonEdward B. Gordon ist gerade überall: von der taz bis zum Spielzeitheft des Deutschen Theaters Berlin, vom Zeit Magazin bis zum Wagenbach Verlag.
Sein Stil ist ein kraftvolles Schöpfen aus dem Moment: und er lässt einen als Betrachter gleichzeitig in der Schwebe, als würde das Malen des Bildes genau diesen Moment lang dauern.

In Berlin gibt es seine Bilder live und in Farbe in der Galerie Liebkranz. Noch zu sehen bis Samstag 23. Juni 2012

LIEBKRANZ Galerie 
Auguststraße 62
10117 Berlin Mitte

Montag 12–16 Uhr
Di–Fr 12–19 Uhr
Samstag 12–18 Uhr
und nach Vereinbarung

Richter in Paris


Gerhard Richter Panorama vom 6. Juni bis 24. September im Centre Pompidou Paris. Nach London und Berlin wohl die schönste Hängung der Ausstellung. Gerhard Richter war zu Tränen gerührt, berichten Augenzeugen.

Rattle Waltz Restkarten


Carmen ist das aktuelle Tanz-Projekt des Education-Programms der Berliner Philharmomiker mit 150 Mitwirkenden in einer Choreographie von Sasha Waltz
Freitag 25. und Samstag 26. Mai in der Arena Berlin-Treptow

Hammershøi in München

Vilhelm Hammershøi, Innenhof. Strandgade 30, 1899<br />
© Toledo Museum of Art, OhioAb 15. Juni in der Hypo Kunsthalle München.

Muss man sehen. Sagte schon Rainer Maria Rilke: »Hammershøi ist nicht von denen, über die man rasch sprechen muss. Sein Werk ist lang und langsam und in welchem Augenblick man es auch erfassen mag, es wird immer voller Anlass sein, vom Wichtigen und Wesentlichen in der Kunst zu sprechen.«

Vilhelm Hammershøi, Innenhof. Strandgade 30, 1899
© Toledo Museum of Art, Ohio